„Bielefelder Schule“
Die Fakultät für Geschichtswissenschaft entwickelte sich auf der Basis von konsensfähigen Weichenstellungen der Gründungsphase bald zu einer der renommiertesten Geschichtsfakultäten Deutschlands. Die „Neuorientierung eines alten Fachs“ (Koselleck) im Rahmen der „Reformuniversität“ Bielefeld sah eine interdisziplinärere, theorie-, sozial- und wissenschaftsgeschichtlichere Geschichtswissenschaft vor. Man entwarf ein Konzept für die Geschichtswissenschaft als von theoretischer Reflexion begleiteter historischer Sozialwissenschaft. Die Überwindung der traditionellen Epocheneinteilung Antike-Mittelalter-Neuzeit zugunsten des Epochenmodells Vormoderne-Moderne oder Lehrstühle wie „Theorie der Geschichte“ oder „Sozialgeschichte“ waren Neuerungen, die bald unter dem Begriff „Bielefelder Schule“ bekannt wurden.
Einen wesentlichen Beitrag dazu leisteten hervorragende Forscherpersönlichkeiten der Planungs- und Aufbauphase wie Jürgen Kocka, Reinhart Koselleck, Hans-Ulrich Wehler und andere, die die neue Fakultät bald national wie international zu einem Aushängeschild der jungen Universität machten. Das Erscheinen des letzten Bandes von Hans-Ulrich Wehlers fünfbändiger Deutscher Gesellschaftsgeschichte (1987-2008), ein Standardwerk der deutschen Geschichtsschreibung, wurde sogar von Harald Schmidt ausführlich gewürdigt.
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Quelle: Sat.1, 30.10.2008
Neuordnung der Fakultät
Im Zusammenhang mit der Integration der Abteilung Bielefeld der Pädagogischen Hochschule Westfalen-Lippe in die Universität Bielefeld am 1. April 1980 wurde eine Neuordnung und Neustrukturierung der Fakultäten notwendig. Das Ergebnis war u.a. die Auflösung der Drillingsfakultät Pädagogik, Philosophie und Psychologie und die Gründung einer neuen Fakultät mit den zwei Abteilungen Geschichtswissenschaft und Philosophie am 1. März 1980. Das Zusammenleben der großen Geschichtswissenschaft und der vergleichsweisen kleinen Philosophie wurde von Vertreterinnen und Vertretern der Fächer durchaus als „friedliches Nebeneinander“, nicht aber „fruchtbares Miteinander“ (Rüthing) bezeichnet.
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Fotograf: Seutter
Quelle: Universitätsarchiv Bielefeld
Zum Wintersemester 2002/03 kam als dritte und kleinste Abteilung die (evangelische) Theologie hinzu.
Erfolg
Die Fakultät und hier besonders die Geschichtswissenschaft genießt auch nach einem Generationenwechsel weiterhin hohes Ansehen, was unter anderem durch mehrere SFB-Bewilligungen belegt wird: etwa der SFB 177 „Sozialgeschichte des neuzeitlichen Bürgertums“ von 1986 bis 1997, der eine überaus große Außenwirkung entfaltete, oder der SFB „Praktiken des Vergleichens“, der 2017 anlief. Auch eine Vielzahl nationaler und internationaler Preise ging an Mitglieder der Fakultät. So erhielten die Historikerin Prof. Dr. Ute Frevert 1998, der Historiker Prof. Dr. Bernhard Jussen 2007 und der Philosoph Prof. Dr. Martin Carrier 2008 den Gottfried Wilhelm Leibniz-Preis, den wichtigsten deutschen Forschungsförderpreis.