17.11.1969

Kein Talar, sondern Mao-Jacke und Sandalen

Am 17. November 1969 wird die „Reformuniversität“ Bielefeld ohne jegliche Feier oder gar traditionellen Festakt, sondern ganz bewusst nüchtern und sachlich durch die Aufnahme des Lehrbetriebs für die ersten 250 Studierenden eröffnet.

  • Am 6. November 1969 erläuterten der amtierende Rektor Prof. Dr. Karl Peter Grotemeyer und Universitätskanzler Dr. Eberhard Firnhaber in der gerade gefüllten Bibliothek einem WDR-Fernsehteam die „Reformuniversität“.

    Fotograf: Ed. Heidmann
    Quelle: Universitätsarchiv Bielefeld, FOS 00273
  • Die Fakultät für Rechtswissenschaft trug die erste Lehrveranstaltung der Universität Bielefeld zur Eröffnung bei. Prof. Dr. Günter Dickel liest „Rechtsgeschichte I“.

    Fotograf: Bernhard Preker
    Quelle: Universitätsarchiv Bielefeld, NEG P 1.3_4_4
  • Die Fakultät für Soziologie traf sich am Eröffnungstag zu einer Fakultätskonferenz. Im Vordergrund Dekan Prof. Dr. Joachim Matthes.

    Fotograf: Bernhard Preker
    Quelle: Universitätsarchiv Bielefeld, NEG P 1.3_6_4
  • Die Fakultät für Mathematik beging den Eröffnungstag mit einer „informellen Zusammenkunft“. Rechts stehend Andreas Dress, seinerzeit Deutschlands jüngster Universitätsprofessor, sowie ganz rechts Jürgen Heinrich, der spätere Rektorreferent und Planungsdezernent von Universität und Stadt Bielefeld.

    Fotograf: Bernhard Preker
    Quelle: Universitätsarchiv Bielefeld, NEG P 1.4_5_5

Ohne Festreden

Die eingeladene und zahlreich erschienene „interessierte Öffentlichkeit“ erlebte im Aufbau- und Verfügungszentrum an der Kurt Schumacher-Straße eine unübliche Universitätseröffnung: Handwerker legten fleißig und unüberhörbar letzte Hand an, „Händel vorne und hinten und in der Mitte schöne Reden“ (Universitätskanzler Dr. Firnhaber) fehlten. Universitätsprofessoren erschienen nicht im Talar, sondern lediglich im Straßenanzug oder wie Mathematikprofessor Dr. Andreas Dress gar im blau-leinenen Mao-Kittel und Sandalen zur Eröffnung der Universität. Stattdessen stellten sich die drei Gründungsfakultäten Mathematik, Rechtswissenschaft und Soziologie in Informationsveranstaltungen den ca. 250 Studierenden vor, um über den Aufbau der Universität oder die jeweiligen Studieninhalte zu berichten und zu diskutieren.

Demonstration der PH-Studierenden am Tag der Universitätseröffnung.

Fotograf: Bernhard Preker
Quelle: Universitätsarchiv Bielefeld, NEG P 1.5_4_1

Etwas lebhafter ging es am Nachmittag zu, als ca. 600 demonstrierende Studierende der Pädagogischen Hochschule (PH) die anwesende Medienprominenz nutzten, um auf die schlechten Studienbedingungen an der PH aufmerksam zu machen. Der amtierende Rektor der Universität, Prof. Dr. Karl Peter Grotemeyer, empfing die Demonstrierenden und dokumentierte gleich den neuen Arbeits- und Kommunikationsstil der Universität: Noch am Abend der Eröffnung der Universität nahm er spontan an einer Podiumsdiskussion zu den Problemen der PH teil.

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