Von Ostwestfalen nach Berlin und wieder zurück
Karl Peter Grotemeyer, 1927 in Osnabrück geboren und in Minden aufgewachsen, hatte ab 1947 in Göttingen Mathematik, Physik und Astronomie studiert. Auf Promotion und Habilitation folgte bereits 1958 eine Professur an der FU Berlin. Dort hatte er sich bereits einen Namen als begeisterter und begeisternder Hochschullehrer gemacht, ehe er 1969 einen Ruf an die neu gegründete Universität Bielefeld annahm, deren Wissenschaftlichem Beirat er seit 1965 angehört hatte. Bereits wenige Monate nach seiner Berufung musste er als Prorektor den gerade gewählten Rektor Ernst-Joachim Mestmäcker aus gesundheitlichen Gründen vertreten.
„Rektor auf Lebenszeit“
Die „Vertretung“ dauerte über 22 Jahre – einmalig in der deutschen Hochschullandschaft –, in denen Karl Peter Grotemeyer geradezu zur Symbolfigur der jungen Universität wurde. Mit Dr. Eberhard Firnhaber, Kanzler der Universität Bielefeld von 1968 bis 1989, verband Grotemeyer nicht nur der Geburtsjahrgang 1927, sondern auch der unermüdliche Einsatz für die eigene Hochschule und später eine tiefe Freundschaft. Ein Tandem als Glücksfall an der Spitze einer mit weitreichenden Reformansprüchen gegründeten Hochschule unter zunehmend schwierigeren wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, die erstaunlich schnell zu einer auch international beachteten Stätte der Forschung wurde.
Fünfmal wurde Grotemeyer von Vertreterinnen und Vertretern aller Statusgruppen mit großen Mehrheiten wiedergewählt, beliebt und bewundert zugleich. Der Mathematiker und Hochschullehrer, der 1969/70 ins kalte Wasser geworfen worden war, entpuppte sich als begabter Wissenschaftsmanager im Dienst der Bielefelder Universität, aber auch der Wissenschaftslandschaft insgesamt. Nach innen liberal, menschlich und offen, auf Konsens, Fairness und Kommunikation bedacht, nach außen beharrlich und zielstrebig, erwarb er sich Anerkennung und Respekt.
Abschied und Ehrungen
Das Jahr des Abschiedes wurde für Karl Peter Grotemeyer zu einem Jahr der großen Ehrungen. Die Universität verlieh Grotemeyer die Ehrensenatorwürde, die Stadt Bielefeld bedankte sich bei dem langjährigen Rektor mit der Ehrenbürgerwürde, bis heute die letztmalige Ehrung dieser Art. Und schließlich ehrten enge Weggefährten den scheidenden Rektor mit der Festschrift „Die humane Universität“, die einen ungewöhnlichen und besonderen Mann beschreibt.
Geradezu charakteristisch war, dass Grotemeyer seine Abschiedsrede angesichts der zunehmend herausfordernden Rahmenbedingungen dazu nutzte, zu motivieren und zu noch stärkeren Anstrengungen aufzufordern: „Zur Resignation besteht nie ein Grund.“
Es begann eine Phase für Karl Peter Grotemeyer, die mit Ruhestand nur sehr unzutreffend beschrieben werden kann. Sein Rat und seine Erfahrung waren auf Wunsch verschiedener Landesregierungen in hochrangigen Kommissionen und Ausschüssen gefragt. Daneben widmete er sich aber auch Dingen, die in den vergangenen Jahrzehnten zu kurz gekommen waren, wie dem Lösen mathematischer Probleme. Unverändert blieben sein großes Interesse an den Entwicklungen „seiner“ Universität und sein stets offenes Ohr, wenn er in der Universität unterwegs war.
Karl Peter Grotemeyer starb überraschend am 30. Juli 2007, kurz vor seinem 80. Geburtstag.
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Fotograf: Manfred Kettner
Quelle: Universitätsarchiv Bielefeld, FOS 01991