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mit freundlicher Genehmigung des WESTFALEN-BLATTES
Allerdings verdichteten sich bereits im Herbst 1965 die Anzeichen dafür, dass die mit ca. 170.000 Einwohnern größte Stadt Ostwestfalens das Rennen um den Standort der Universität machen würde. Mitglieder aller im Landtag vertretenen Parteien hatten sich mehr oder weniger direkt für Bielefeld ausgesprochen, das von der Landesregierung in Auftrag gegebene Standortgutachten befürwortete im August 1965 ebenfalls eindeutig den jetzigen Universitätsstandort Bielefeld-Großdornberg und schließlich machten die Hauptakteure der Universitätsneugründung, Paul Mikat und Prof. Dr. Helmut Schelsky, aus ihrer Präferenz für Bielefeld keinen Hehl.
Insbesondere in der Stadt Bielefeld formierte sich im Zusammenspiel von regionaler und überregionaler Politik, Industrie und Verbänden ein Bündnis für eine Universität in Bielefeld, das – mit guten Argumenten und wirtschaftlicher, politischer und finanzieller Macht ausgestattet – den „Standortwettstreit“ mit Herford, Detmold und insbesondere Paderborn für sich entscheiden konnte. Dabei wurden mitunter auch unkonventionelle Mittel genutzt und unbürokratische Wege eingeschlagen. Um den Jahreswechsel 1965/66 gründete sich die Westfälisch-Lippische Universitätsgesellschaft – Verein der Freunde und Förderer, die zwar offiziell „standortneutral“ auftrat, aber schon durch die Zusammensetzung ihrer Führungsgremien eine eindeutige Tendenz für Bielefeld erkennen ließ.
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Quelle: Universitätsarchiv Bielefeld, TDS 6
Bielefeld wird Uni-Stadt
Mit der offiziellen Standortentscheidung ließ sich die Landesregierung allerdings noch etwas Zeit. Erst am Montag, den 6. Juni 1966 gab Ministerpräsident Franz Meyers in einer Pressekonferenz im Bielefelder Ratskeller bekannt, dass die neue Universität in Bielefeld-Großdornberg auf dem Gelände des Voltmannshofes errichtet werden solle. Das Westfalenblatt gab im Anschluss an die nachmittägliche Pressekonferenz ein zweiseitiges, kostenloses Extrablatt heraus, um die Bielefelder Bevölkerung über die positive Standortentscheidung zu informieren.
Im gleichen Artikel wurde ein Luftbild von Bielefeld-Großdornberg gezeigt, bei dem das projektierte Universitätsgelände mit Strichen umrandet war. Links im Bild ist der Voltmannshof zu sehen, der auch heute noch steht und seit 1982 das Internationale Begegnungszentrum der Wissenschaft (IBZ) beherbergt. Im IBZ werden in 21 Gästewohnungen vorrangig Gastwissenschaftlerinnen und Gastwissenschaftler der Universität Bielefeld mit ihren Familien untergebracht.
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Foto: Günter Rudolf
Quelle: Universitätsarchiv Bielefeld FOS 01613
Zitterpartie bis zum Grundstückskauf
Spannende Notiz am Rande: Die Landesregierung schien die Entscheidung für Bielefeld-Großdornberg schon Ende 1965 getroffenen zu haben, wie Ministerialdirigent Prof. Dr. Wegner der Gruppe ZD (Bau- und Grundstücksangelegenheiten) im Kultusministerium in einem Schreiben vom 2. Dezember 1965 mitteilte. Die öffentliche Zurückhaltung beruhte vor allem auf dem Versuch, Grundstücksspekulationen zu vermeiden. In einem Vermerk von Eberhard Freiherr von Medem, Beauftragter der Landesregierung für die Organisationsplanung, vom 23. Dezember 1965 wird über den Fortgang der Grundstücksverhandlungen mit den Familien Voltmann und Kleineberg geschrieben. Am 21. April 1966 erreichte Oberstadtdirektor Kuhn als Vertreter der Stadt Bielefeld in den Kaufverhandlungen mit Katharina Voltmann nach langwierigen und diffizilen Verhandlungen schließlich eine Einigung über den Kaufpreis des Geländes des Voltmannshofes und die an den Verkauf geknüpften Bedingungen. Erst nachdem am 16. Mai 1966 diese Verhandlungen erfolgreich abgeschlossen und amtsgerichtlich dokumentiert waren, konnte im Juni 1966 der Standort Bielefeld-Großdornberg offiziell bestätigt werden.