28.11.1974

„Wenig bis Selten“ – Gründung der Fakultät für Wirtschaftswissenschaften

Am 28. November 1974 wird im ZiF mit der Fakultät für Wirtschaftswissenschaften die achte Fakultät der Universität Bielefeld gegründet. Zeitgleich nehmen 138 Studierende ihr wirtschaftswissenschaftliches Studium unter etwas außergewöhnlichen Umständen auf. Während die Fakultät einschließlich der Bibliothek Räume im Schloss Rheda bezieht, finden die Lehrveranstaltungen im Oberstufenkolleg statt.

Vorstellung der Stiftungsprofessur „Führung von Familienunternehmen“: Prof. Dr. Fred G. Becker (Fakultät für Wirtschaftswissenschaften), Prof. Dr.-Ing. Gerhard Sagerer (Rektor der Universität Bielefeld), Ortwin Goldbeck (IHK-Präsident) und Thomas Niehoff (IHK-Hauptgeschäftsführer) (v.l.n.r.).

Fotografin: Norma Langohr
Quelle: Universität Bielefeld

In den Gründungsgremien waren die Wirtschaftswissenschaften durch die Bonner Ökonomen Prof. Dr. Wilhelm Krelle, später Vorsitzender der Fachbereichskommission, und Prof. Dr. Horst Albach vertreten. Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und der konkrete Ausbaustand der Universität vor Ort ließen jedoch die Fakultäten der zweiten Ausbaustufe der Universität von Anfang an in unruhiges Fahrwasser geraten. Knappere Ressourcen in Verbindung mit der ungenügenden räumlichen Unterbringung von Fakultät und Institut für Mathematische Wirtschaftsforschung (IMW) vor der Fertigstellung des Universitätshauptgebäudes machten den Fakultätsaufbau problematisch. Einer 1973 von Prof. Dr. Alois Wenig geleiteten Aufbaukommission gelang es jedoch, die Weichen für eine mit ausreichenden personellen und sachlichen Mitteln ausgestattete Fakultät zu stellen und mit Bezug des Universitätshauptgebäudes 1976 zeigte die Fakultätsentwicklung endgültig nach oben.

Theorie und Praxis
Die Fakultät zeichnete von Beginn an eine eher mathematisch-theoretisch orientierte und forschungsstarke Volkswirtschaftslehre aus. Diese Ausrichtung ermöglichte eine intensive Zusammenarbeit zum IMW, das ebenfalls zunächst in Rheda untergebracht war und dort mit einem hohen wissenschaftlichen Anspruch, aber geringer personeller Ausstattung, u.a. dem späteren Nobelpreisträger Prof. Dr. Reinhard Selten, in erster Linie zur Spieltheorie forschte. Die erst 1979/80 hinzugekommene Betriebswirtschaftslehre war von Anfang an und ist auch heute noch u.a. stark in der Unternehmensforschung, was nicht zuletzt die 2014 eingerichtete Stiftungsprofessur „Führung von Familienunternehmen“ in enger Kooperation mit führenden ostwestfälischen Wirtschaftsunternehmen belegt.

Verleihung der Ehrendoktorwürde der Fakultät für Wirtschaftswissenschaften an Prof. Leonid Hurwicz (m.) im Beisein von Prof. Dr. Reinhard Selten (l.) und Walter Trockel, Leiter des IMW (r.) am 3. Dezember 2004.

Fotografin: Norma Langohr
Quelle: Universität Bielefeld

Nahe am Nobel-Preis
Die Fakultät für Wirtschaftswissenschaften zeigte übrigens bei der Verleihung von zweien ihrer bisher vier Ehrenpromotionen ein besonderes Gespür für nobelpreisverdächtige Forschungsleistungen. Reinhard Selten, von 1972 bis 1988 Professor der Universität sowie bis 2015 im Wissenschaftlichen Beirat des ZiF, und Prof. Leonid Hurwicz wurden von der Fakultät einige Jahre vor ihrer Würdigung durch das Nobelpreiskomitee zu Ehrendoktoren der Fakultät ernannt.